Millionenschäden durch Gewitter-Sintflut im Kinzigtal

Wäh­rend der Hausa­cher Gemein­de­rat im Rat­haus sein Gelüb­de ableg­te, schien drau­ßen die Welt unter­zu­ge­hen. Bäche ver­wan­del­ten sich in rei­ßen­de Flüs­se, Stra­ßen stan­den unter Was­ser, Autos saßen in Unter­füh­run­gen fest. Feu­er­wehr und THW kamen kaum nach mit der Arbeit.

So ein Unwet­ter hat das Kin­zig­tal lan­ge nicht erlebt. Es war gegen 20 Uhr, als sich sämt­li­che Schleu­sen des Him­mels öff­ne­ten, Bäche in rei­ßen­de Flüs­se ver­wan­del­ten, hun­der­te Kel­ler unter Was­ser setz­ten und fast sämt­li­che Unter­füh­run­gen unpas­sier­bar mach­ten. Im gan­zen Kin­zig­tal gab es Schä­den – Hausach war jedoch am stärks­ten betrof­fen. Sämt­li­che »Bäch­le« rund um die Stadt ver­lo­ren schlag­ar­tig ihre Ver­nied­li­chungs­form, wur­den zu rei­ßen­den Flüs­sen, die Geröll, Büsche und sogar Baum­stäm­me ins Tal rissen.

Im Stadt­hal­len­kel­ler kämpf­ten die Rei­ni­gungs­kräf­te gegen den Was­ser­pe­gel und ver­such­ten zunächst, das Par­kett im Musik­schul­raum zu ret­ten. Über­all sah man Lich­ter in den Kel­lern – die Kana­li­sa­ti­on konn­te die Was­ser­mas­sen nicht mehr ver­ar­bei­ten und drück­te sie zurück in die Häu­ser. Im bes­se­ren Fall. Im schlech­te­ren kamen sie von den über­flu­te­ten Bächen und flu­te­ten gleich noch Geröll und Schlamm mit in die Keller.

Über 200 Einsatzkräfte

»Ich habe schon min­des­tens 20 Anru­fe mit Anfra­gen nach Rei­ni­gungs­ge­rä­ten«, sag­te E‑Strichleger Die­ter Schnei­der gegen 21 Uhr. Da saßen schon etli­che Autos in Unter­füh­run­gen fest. Bei der Füh­rungs­grup­pe der Feu­er­wehr lie­fen die Fäden zusam­men, dort war auch THW-Chef Micha­el Hol­de­rer als Fach­be­ra­ter vor Ort, wur­den die Auf­trä­ge an die über 200 Ein­satz­kräf­te ver­teilt, die kaum hin­ter­her­ka­men mit dem Leer­pum­pen von Stra­ßen und Kel­lern und dem Abschlep­pen von »abge­sof­fe­nen« Autos.

Neben dem THW, Tau­chern der DLRG und dem DRK waren Feu­er­weh­ren Hausach, Fischer­bach, Biber­ach, Has­lach, Hof­stet­ten, Wol­fach und Ober­wol­fach mit den über 100 Hilfs­ein­sät­zen allein in Hausach befasst. »Unse­re Män­ner waren zum Teil bis am Diens­tag­mor­gen um 5 Uhr bei der Arbeit«, sag­te der Hausa­cher Feu­er­wehr­kom­man­dant Paul-Uwe Schmider.

Not­arzt in der Schaufel

Ein Auto steck­te auch in der Unter­füh­rung zum Orts­teil Ein­bach fest– das Tal war nur noch zu Fuß oder mit dem Fahr­rad erreich­bar, als Not­arzt Mark Pautsch zu einem Not­fall ins Hin­te­re Ein­bach­tal geru­fen wur­de. Es war der ers­te Ein­satz des Frei­bur­ger Arz­tes, den er in der Schau­fel eines Vor­der­la­ders erreich­te. Das THW hat­te ihn kur­zer­hand »auf­ge­ga­belt« und sicher zum Pati­en­ten gebracht. »Das war alles super orga­ni­siert«, bewun­der­te Pautsch die Ein­satz­kräf­te. Zum Glück war der Ein­satz nicht dra­ma­tisch, konn­te der Pati­ent zu Hau­se ver­sorgt werden.

Auch Fir­men betroffen

Auch Fir­men waren betrof­fen, – im Indus­trie­ge­biet Ost drück­te das Was­ser vom Berg in die Pro­duk­ti­ons­stät­ten, in Hausach-Ein­bach hat­te es die Fir­men Ket­te­rer und Bau­mann beson­ders erwischt. »Neben dem Kel­ler der Stadt­hal­le waren auch die Aula des Gym­na­si­ums und die bei­den Her­ren­haus-Kel­ler über­flu­tet«, sag­te Her­mann-Josef Kel­ler. Mit Blick auf die Kata­stro­phe vor eini­gen Jah­ren in Hof­stet­ten sei man aber noch »mit einem blau­en Auge davongekommen«.

Ges­tern war über­all inten­si­ves Auf­räu­men ange­sagt. Die Bau­hof­mit­ar­bei­ter küm­mer­ten sich um unter­spül­te Stra­ßen und bag­ger­ten Abläu­fe frei. In Gut­ach hat­te es die Wäh­ler­hö­fe, die Säum­er­hö­fe und den rech­ten Sulz­bach beson­ders erwischt: Erd­rut­sche, unter­spül­te Stra­ßen und gan­ze Geröll­hal­den, die vom Wald her­un­ter­ge­spült wur­den for­der­ten einen beson­de­ren Bauhofeinsatz.

Stick­wort I: Millionenschäden

Der Gesamt­scha­den des Unfalls mit hun­der­ten über­ge­lau­fe­nen Kel­lern, Betriebs­aus­fall betrof­fe­ner Fir­men und Stra­ßen­schä­den dürf­te in die Mil­lio­nen­hö­he gehen. Selim Bilir von der SV-Ver­si­che­rung in Has­lach bestä­tig­te, dass bereit am Diens­tag­mor­gen »sehr vie­le« Über­span­nungs- und Über­schwem­mungs­schä­den gemel­det wur­den. Gebäu­de­schä­den, die durch Hoch­was­ser ver­ur­sacht wur­den, sind als Ele­men­tar­schä­den in der Gebäu­de­ver­si­che­rung ent­hal­ten. Bei den Haus­rats­ver­si­che­run­gen für das beweg­li­che Mobi­li­ar gibt es unter­schied­li­che Verträge.

Stich­wort II: Blitzschlag

Nicht die Was­ser­mas­sen, son­dern ein Blitz­ein­schlag war schuld dar­an, dass am Mon­tag­abend auch der Reu­the­berg­tun­nel in Wol­fach wegen des Aus­falls der Betriebs­tech­nik gesperrt wer­den muss­te. Ges­tern wur­de über Hand­be­trieb die Durch­fahrt von Schilt­ach kom­mend ermög­licht, von Hausach kom­mend in Rich­tung Schilt­ach war der Tun­nel auch ges­tern Nach­mit­tag noch nicht befahr­bar. »Die Tech­ni­ker suchen noch nach dem Feh­ler«, infor­mier­te Ursu­la Mos­ter von der Pres­se­stel­le des Land­rats­amts auf Anfrage.

Quel­le: www.bo.de